Dieser Text ist eine Übersetzung aus einer fremden Sprache, deren Bedeutung und Grammatik inzwischen vergessen sind. Er wurde aber bereits in vielen anderen Sprachen übesetzt, gelesen und vorgetragen. Und nun hat er auch dich erreicht. Doch sei gewarnt: Sobald du ihn liest oder hörst, wird dein Leben nie mehr so sein wie zuvor. Wenn du also dein Leben magst, solltest du jetzt aufhören zu lesen oder zu lauschen.
„So viel sei bekannt, dass es der Welten zahllose gibt. Wie ein Fürst wandelt in seinen tausend Hallen, so kann ein jeder Mann und ein jedes Weib zum Wanderer zwischen den Welten werden. Einen langen Gang gehen wir Sterbliche vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer und dieser Weg erscheint uns bisweilen wie vorgezeichnet. Mit Regeln, die ein jeder versteht, wenn er seine Schritte nur mit offenen Sinnen tut. Mit einem Anfang und einem Ende. Gleich einem treuen Gaul, dem man die Scheuklappen angelegt hat bechreiten wir seinen Verlauf. Und genauso, so sagen es viele Gelehrte, ist es uns von den Göttern bestimmt.
Doch wer den Mut hat den Göttern zu trotzen, kann Abzweigungen beschreiten und die Wohl bekannten Mauern seines Weges durchstoßen.
Dratt Ghiljantin Dratt Kuranchin
Dratt Queljahor Dratt Deminquor
seien die Worte, die solches bewirken. Wer sie gelesen oder gehört, ist fortan des Todes.
Er sinket danieder wie vom Blitze erschlagen und seine Freunde grämen sich und vergießen seinetwegen heiße Tränen des Kummers. Denn sein alter Gang ist eingestürzt. Sein altes Leben verloschen wie eine Kerze im Regen. Und doch ist es nur wenigen gegeben, diesen Tod auch zu bemerken.
Denn schneller als ein Wimperschlag, besetzt der Geist ein neues Fleisch. Der Körper entspricht gänzlich seiner bekannten Gestalt. Der Reisende findet sich augenscheinlich genau dort wieder, wo er eine Sekunde zuvor lag, saß oder stand, ganz als wäre keinerlei Zeit verstrichen. Alles mag ihm so erscheinen, wie es immer schon war. Aber das ist es mitnichten. Denn der Reisende hat nun die Wand durchbrochen und den Gang gewechselt. Jeder Schritt, den er nun tut, ist wie ein Schritt in einem fremden Land, in einer Nacht, in der der Mond sein Antlitz nicht zeigt. Denn keine Welt gleicht der anderen, mag sie noch so enge Verwandschaft haben.
Mancher, der bisher sein Freund war, mag nun Gift im Herzen und einen Dolch hinter dem Rücken tragen. Manche Dinge, die er für feste Gewissheiten hält, haben sich nie zugetragen. Dafür ereignen sich andere Geschehnisse, die früher kaum möglich schienen. Schwachsinnige werden zu Herrschern erkoren, Allianzen zerbrechen, Festungen zersplittern. Derlei Verschiedenheiten erstrecken sich auf alle Bereiche des Lebens. Speisen, die bislang süß und erqickend waren, sind nun bitter und giftig. Was bisher schön war, mag nun als hässlich gelten und umgekehrt.
Und auch manche Gesetze der Natur verlieren ihre Gültigkeit und machen neuen Regeln platz. War der Reisende es etwa bisher gewohnt, dass Nachtgestalten und Schrecknisse ihn nur im Reich der Träume heimsuchen konnten, dass Gedanken folgenlos blieben und dass er seinen Sinnen trauen konnte, so mag sich all dies mit einem mal gänzlich gewandelt haben. Niemand – nicht einmal der Weiseste – kann vorhersagen welche Gestalt diese neue Welt im Detail haben wird. Sicher ist nur eins: Einen Pfad zur Rückkehr gibt es nicht. Nie mehr.
Willkommen also Reisender. Willkommen in deiner neuen Welt.“