Gera warf sich ein weiteres Zitronenbonbon ein und kaute krachend darauf herum, während er in der verregneten Dunkelheit dieses kalten Herbstmorgens stand und auf Bianca wartete. Wenn das so weiterging, würde er sicher irgendwann Diabetes bekommen und seine Zähne würden auch bald ruiniert sein und der Hilfe eines Zahnarztes bedürfen. Leider war ein Zahnarztbesuch in einer Zeit, in der man nicht mehr sicher sein konnte, ob die Betäubung vielleicht etwas zu stark ausfallen und man an der Front oder als Saftquelle in eine der MannaRed-Fabriken wieder aufwachen würde, keine so gute Idee.
Zudem hätte Gera sich gewünscht, ein cooleres Laster zu haben. Verdammt, er war ein raubeiniger Bulle im Trenchcoat im Regen auf den Straßen einer dystopisch gewordenen Welt – er MUSSTE eigentlich eine Zigarre oder wenigstens eine Zigarette rauchen, aber Gera konnte den Geschmack von Tabak nicht ausstehen und so blieben ihm eben nur diese Bonbons, die zwar lecker waren, aber nicht cool.
Immerhin hatte er Jonathans aktuellen Aufenthaltsort leicht herausfinden können, der praktischerweise gar nicht so weit von seinem Revier entfernt lag. Datenschutz und Datensparsamkeit konnte die CfD-Regierung nicht mal mehr buchstabieren und so konnte er jederzeit problemlos auf die Daten eines jeden Bürgers zurückgreifen. In einem früheren Leben hatte er sich genau das oft gewünscht, aber jetzt, wo er die Macht dazu hatte, fühlte es sich nicht nur geil, sondern … irgendwie auch beängstigend und schäbig an. So als würde man die minderjährige Tochter seines Nachbarn beim Duschen beobachten. Trotzdem war es in diesem Fall hilfreich gewesen.
Er sah hinaus zu dem Mehrparteienhaus, in dessen oberer Etage sich Dr. Jonathan How verkrochen hatte, der inzwischen den Namen James Johnson angenommen hatte. Woher er diese Tarnidentität bekommen hatte (die offensichtlich nicht besonders viel Wert war) und warum sich der eigentlich doch so brillante Doktor in dieser überaus schäbigen Bude verkroch, wusste er nicht. Wahrscheinlich hatte auch das mit dem neuen Regime zu tun, so wie so ziemlich alles in dieser kaputten Welt, die ja vorher schon ein mittelgroßer Haufen Mist gewesen war.
Während er ungeduldig auf die Uhr blickte und sich schmunzelnd fragte, ob Bianca so lange brauchte, weil sie ihre Knochenzunge vor dem Ausgehen mit Schleifchen dekorierte, hörte er plötzlich den Schrei einer Frau. Er drehe sich in die Richtung, aus der dieser gekommen war und erblickte eine dunkelhäutige Frau Anfang dreißig in Jeans und mit weißer Bluse, mit schwarzen schulterlangen Locken, die vor fünf muskulösen Typen davonrannte.
Die Typen entsprachen ziemlich genau dem, was man erwarten konnte, wenn man ein paar Neonazis auf Shoppingtour durch den Knochenwald schickte. Einer von ihnen, ein typischer Glatzkopf mit Zahnlücken, Schlägergesicht und 88-Tattoo auf dem Kopf, trug ein schwarzes Shirt, das eine fette Comic-Schneidmade abbildete, die ihr zahnbewehrtes, kreisrundes Maul bedrohlich geöffnet hatte und den Betrachter schlechtgelaunt ansah. Über dem Tier stand in kitschiger Frakturschrift: „Maggot Germany“.
Ein weiterer trug eine schwarze Sonnenbrille, eine Kapuze und einen Hoodie mit einer MannaRed-Dose darauf und der Aufschrift „NiggahDead – the best you will get“. Auch er war ein ziemlicher Schrank. Die letzten beiden waren etwas schlankere, eher durchschnittliche Typen mit gewöhnlichen, schmutzig-blonden Kurzhaarfrisuren, von denen einer ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Haut, weiß wie Knochen“ und der andere einen weißen Pullover mit dem blau-grünen Logo der CfD trug. So unterschiedlich ihre Klamotten waren, der Hass in den Gesichtern war bei allen gleich.
Die Frau rief lautstark um Hilfe, aber die paar Passanten, die um diese Uhrzeit überhaupt auf den Straßen unterwegs waren, sahen entweder beschämt und ängstlich weg oder interessiert zu. Ganz am Ende der Straßen standen ein paar Madensoldaten in ihren weißen Uniformen. Von ihnen jedoch hätte die Frau keine Hilfe zu erwarten. Wenn sie eingriffen, dann wohl eher zugunsten der CfD-Faschos.
Auch wenn die Frau so schnell rannten, wie es nur Menschen tun konnten, die um ihr Leben fürchteten, holten die Typen immer mehr auf. Einer von ihnen hatte eine abgebrochene Flasche in der Hand, zwei weitere ein Butterfly-Messer. Der letzte – der mit dem Madenshirt – trug einen Schlagring an der geballten Faust. „Jetzt ist es zu spät, nach Afrika zu fliehen. Jetzt bringen wir deine Busch-Pfotze direkt unter die Erde“, grölte er.
Die Frau versuchte schneller zu rennen, rutschte aber stattdessen fast auf der regennassen Straße aus. Die Typen nutzten das, um weiter aufzuholen. Sie waren nun kaum mehr als fünf Meter von ihr entfernt. Das war der Moment als Gera seine Waffe entsicherte und wie beiläufig eine Kugel abfeuerte. Die Kugel traf den Typen mit dem Madenshirt direkt in den muskulösen Oberschenkel. Er schrie auf, stoppte und sorgte damit dafür, dass die anderen direkt in ihn hineinliefen und sich in einem wilden Kuddelmuddel verhedderten.
„Das wirst du bereuen, alter Mann!“, fluchte die Madenshirt-Glatze während sie sich den blutenden Oberschenkel hielt. Die anderen wollten bereits weiter hinter der Frau her rennen, aber ihr Anführer hielt sie zurück. „Bleibt hier, ihr Idioten. Die Niggah-Schlampe finden wir schon wieder. Erstmal sollten wir diesem Kerl hier Manieren beibringen.“ Sie gehorchten und bauten sich kreisförmig um ihn herum auf.
Gera fragte sich in diesem Moment ernsthaft, warum er in letzter plötzlich die Neigung hatte, sich dauernd selbst in Schwierigkeiten zu bringen. Er war nie wirklich einer von den Guten gewesen. Aber wahrscheinlich hatte sich die Gut-Böse-Skala in diesem Land inzwischen so weit in die finstersten Bereiche verschoben, dass er nun doch irgendwie dazu gehörte. Zwar hätte Gera wenig Hemmungen gehabt, diese Frau nach ihrem Tod auszubuddeln und mit nach Hause zu nehmen, aber einfach tatenlos zuzusehen, wie sie von diesem Abfall getötet wurde, war auch ihm eine Nummer zu Arschlochhaft.
Der Typ mit dem Hoodie hob seine Flasche, wedelte damit vor Geras Gesicht herum und verzog sein eigenes zu einem Raubtierlächeln. „Was meinst du, Opa? Soll ich dir damit den Augapfel rausschälen? Das wäre doch lustig, oder?“
Gera zuckte nicht einmal mit der Wimper, obwohl die Kante der Flasche nicht mehr als ein paar Zentimeter vor seinem linken Auge schwebte.
Stattdessen holte er seelenruhig seinen Dienstausweis aus der Innentasche seines Trenchcoats und hielt ihn den Typen entgegen.
„Wenn du Lust hast, einen Polizisten anzugreifen, gerne. Ich frage mich allerdings, ob das den Kollegen in Weiß da hinten gefallen würde. Man könnte dich und deine hässlichen Freunde für Rebellen halten. Warum solltet ihr sonst gegen die Staatsgewalt vorgehen?“
Zufrieden bemerkte Gera, wie sich ein leichter Zweifel auf das Gesicht des Mannes legte. „Das Ding is‘ gefälscht“, behauptete er lahm und ließ dabei unfreiwillig erkennen, dass er seinen Worten selbst nicht so recht glaubte.
Gera lächelte breit. „Findet es ruhig heraus. Wahrscheinlich riskiert ihr nicht viel. Jeder weiß doch, wie rücksichtsvoll Edens Justiz mit Rebellen umgeht.“
Die Nachdenklichkeit auf dem Gesicht des Hoodie-Typen vertiefte sich und grenzte nun langsam an waschechte Angst. Er traf eine Entscheidung.
„Okay …“, sagte er leise und drehte sich Hilfe suchend zu seinen Kumpanen um. „Wahrscheinlich sollten wir lieber abhauen, Jungs. Oder? Gerade ist das wirklich keine so gute Idee, sich mit Bullen anzulegen.“
„Schwachsinn!“, protestierte der „Maggot Germany“-Mann, „Erkennt ihr das nicht? Diesen Wisch hat der stinkende Rentner da doch mit seinem schlappen Schwanz gemalt. Der ist nie im Leben echt. Außerdem ist uns wegen des Opas die Schoko-Schlampe entwischt, mein Bein schmerzt wie Hölle, und ich will den Mistkerl bluten lassen, für das, was er mir angetan hat.“
Die anderen drei zweifelten anscheinend noch. Aber Gera hatte ein gutes Gespür dafür, wann Gewalt in der Luft lag und übermäßiges Zögern gehörte nicht zu seinen vielen Lastern. Außerdem hatte er schon lange niemanden mehr ins Krankenhaus gebracht.
Bevor die Glatze vom Wort zur Tat schreiten konnte, hatte er ihm bereits sein Knie direkt in die Hoden befördert. Der Kerl brach zusammen und krümmte sich auf dem Boden.
„Das wirst du bereuen!“, jaulte er unter Tränen.
„Wohl eher nicht“, sagte Gera und trat dem Typen mit Wucht in die Kauleiste. Zähne splittern und flogen umher und der Mann schrie auf.
Gleichzeitig wurden seine Kumpane vom Herdentrieb gepackt. Der Hoodie-Kerl mit der Flasche – den Gera dummerweise ganz vergessen hatte – versuchte seine improvisierte Waffe in Geras Auge zu versenken, es gelang ihm jedoch sich schnell genug zu ducken, um sich lediglich einen Kratzer an der Stirn zuzuziehen. Einem der beiden Butterfly-Messer, die in seine Richtung gestoßen wurden, entging er ebenfalls, das andere jedoch stach ihm in die Seite und löste dort einen heftigen Schmerz aus. Er konnte nur hoffen, dass der Kerl keine wichtigen Organe getroffen hatte. Schwimmend auf der Welle seines einschießenden Adrenalins schlug er dem Messerstecher derart fest gegen den Unterkiefer, dass er hören konnte, wie dort etwas brach. Der Mann ließ sein Messer fallen, hob seine Hände vors Gesicht und war ebenfalls für Erste aus dem Spiel. Jedoch holte der Hoodie-Mann nun erneut mit seiner Flasche aus und auch der andere Messerträger versuchte einen weiteren Angriff.
Gera hatte keine andere Wahl als sich auf den Boden fallen zu lassen, um beiden Attacken zu entgehen. So verhinderte er zwar ein paar zusätzliche Körperöffnungen, war jedoch auch relativ wehrlos dem nächsten Angriff ausgesetzt, da sein Sturz alles andere als elegant fiel.
Zwar versuchte er sich wieder hoch zu stemmen, aber schon stellte sich ein schwerer Stiefel auf seinen Brustkorb. Er gehörte der Madenglatze, die sich anscheinend von seinem Angriff erholt hatte. Das Gesicht des Kerls war wütend und geschwollen. Aus seinem Mund tropfte Blut und seine Aussprache war undeutlich, aber deshalb nicht weniger bedrohlich als er sagte, „Bulle oder nicht, Opa – wir schneiden dir jetzt die scheiß Eier ab, wälzen sie ein wenig im Dreck und füttern dich dann damit.“
Wie um die Worte seines Kollegen zu unterstreichen, führte einer der CfD-Fanboys sein Messer an Geras Schritt.
Das war der Moment, als wie aus dem Nichts eine Knochenzunge mitten in die Gruppe der Angreifer schoss. Sie war dünn und nicht besonders lang, aber für jeden, der im letzten Jahr in Deutschland oder einem der Nachbarländer gelebt hatte, war ihr Anblick ein Synonym für „verdammt große Schwierigkeiten“.
Es war schon ein bisschen mutig, dass die vier sich zumindest noch umdrehten, bevor sie wegrannten. Aber als sie die blasse, etwas korpulente, junge Frau erblickten, die ein schwarzes, langes Samtkleid mit weißen Knochen trug und ihnen ihre weiße Zunge entgegenstreckte, ergriffen die Typen ohne ein weiteres Wort die Flucht.
Erst als sie alle in der Nacht verschwunden waren, fuhr die junge Frau die Zunge wieder ein, trat auf den noch immer auf dem nassen Asphalt liegenden Christopher Gera zu und beugte sich über ihn. Die wenigen Schaulustigen hatten sich ebenfalls davongemacht. Wären sie geblieben, hätten sie vielleicht erwartet, dass die unheimliche Frau dem Mann im Trenchcoat einen unfreiwilligen Zungenkuss verpassen würde. Stattdessen streckte sie ihm ihre Hand entgegen.
„Stehen Sie auf!“, sagte Bianca mit rauer Stimme, „aus dieser Perspektive sehen Sie noch hässlicher aus als sonst.“
Gera starrte sie an und grinste vergnügt. Trotz seiner Verletzung schien er guter Laune zu sein.
Auf Bianca traf das weniger zu. „Ich hoffe, Sie sehen sich gerade das Ankh an meiner Halskette an. Denn falls, sie mir auf den Ausschnitt starren, müsste ich da weiter machen, wo die Faschos aufgehört haben.“
„Keine Sorge. Mit lebenden Frauen kann ich doch eh nichts anfangen“, behauptete Gera.
„Ich bin nur noch halb lebendig“, konterte Bianca.
„Mag sein. Sie sind aber viel zu fett für meinen Geschmack“, entgegnete Gera breit grinsend, „außerdem haben Sie Würmer“.
Bianca funkelte ihn wütend an, zog ihn aber dennoch hoch, als er ihre Hand ergriff. „Nur einen. Und der ist der einzige Grund, warum Sie noch Ihren Wurm und Ihre Eier haben. Sie sollten mir also gefälligst dankbar sein. Sie haben keine Ahnung, wie schwer es für mich ist, den Knochenwurm zu aktivieren. Und wie entwürdigend.“
„Würde? Bei einer Hure?“, stand auf Geras Stirn geschrieben, aber er war dann doch schlau genug, die Klappe zu halten. „Danke“, nuschelte er stattdessen knapp, während er den Matsch so gut es ging von seinem Trenchcoat schüttelte. Als er sich erinnerte, wie verdammt knapp es für ihn gewesen war, beschloss er noch einen zweiten Anlauf zu unternehmen.
„Vielen Dank für meine Rettung“, sagte er bedeutend freundlicher und lächelte für seine Verhältnisse auf auffallend unironische Weise.
„Bilden Sie sich nichts darauf ein“, sagte Bianca kalt, „ich brauche sie eben noch“. Aber auch sie lächelte.
„Wissen Sie, was mich noch immer wundert?“, fragte Bianca.
„Nein. Vielleicht, dass der Storch nicht die Kinder bringt?“ fragte Gera zurück.
Bianca beschloss, nicht darauf einzugehen. „Warum haben diese Madensoldaten den Faschos nicht geholfen? Immerhin arbeiten sie doch sonst sehr gut mit der CfD zusammen.“
Plötzlich wurde Geras Erdmännchengesicht überraschend ernst. „Weil sie – außer dem Krieg – nur eine einzige Aufgabe haben: Sie jagen und töten Rebellen. Alles andere interessiert sie nicht sonderlich. Ich und meine Kollegen wären einmal bei einem Überfall auf eine Bank – eines der wenigen unpolitischen Verbrechen, die wir ausnahmsweise verfolgen sollten – beinah von den Gangstern niedergemacht worden, obwohl gleich zehn von diesen Typen schwerbewaffnet vor dem Eingang herumstanden. Nachdem wir die Bankräuber am Ende doch gefasst und uns schwer verletzt ins Revier zurückgeschleppt haben, habe ich meinen Herrn und Meister Eppenheimer gefragt, warum diese weißen Wichser uns nicht unterstützt haben und genau so hatte seine Antwort gelautet.“
„Aber hätte man Sie nicht zumindest aus der Ferne für einen Rebellen halten können?“, wandte Bianca ein.
„Nein“, sagte Gera bestimmt, „es mag verrückt klingen, aber glauben Sie mir, die spüren das. Irgendwie spüren diese Mistkerle, ob man gerade eine Gefahr für die Regierung darstellt oder nicht, auch wenn ich ums Verrecken nicht weiß, wie sie das hinbekommen“.
„Gut zu wissen“, kommentiere Bianca, „in diesem Fall kam uns das jedenfalls gelegen.“ Sie brach in einen kleinen Hustenanfall aus. Der Einsatz des Wurms und das lange Sprechen forderten ihren Tribut.
„Das stimmt“, sagte Gera, „nun sollten wir aber nicht länger trödeln. Es wird immer später und ich habe in wenigen Stunden wieder Dienst. Wenn ich mir Ihretwegen schon die Nacht um die Ohren schlage, soll es wenigstens nicht umsonst gewesen sein.“ Gera zeigte auf die oberste Etage des Hauses. „Da wohnt unser lieber Doktor jetzt und wenn meine Informationen stimmen, wird uns das, was wir dort oben vorfinden, nicht gefallen.“
~o~
Eine Rutschbahn. Sein ganzes Leben war eine gut geölte Rutschbahn, die direkt in die Scheiße führte. Er hatte es nur wegen all der trügerischen Kurven nie bemerkt. Aber so war es. Sein Leben war eine gottverdammte Katastrophe, eine Checkliste ohne jeden Haken, ein stinkender, hässlicher Trümmerhaufen, in den sich nicht einmal Kakerlaken verirren würden.
Er hatte sie gehabt, die großen Chancen. Er hatte Frauen kennengelernt, die er geliebt hatte, die bereit gewesen waren, bei ihm zu bleiben und seine Merkwürdigkeiten und Spleens zu ertragen, aus Gründen, die ihm heute extrem schleierhaft waren.
Aber er hatte sie verlassen im festen Vertrauen darauf, dass er noch eine bessere finden würde und dass langfristige Bindungen eh etwas für Langweiler wären. Und es hatte funktioniert. Eine Zeitlang zumindest. So lange, bis nichts mehr funktionierte.
Es war wie bei diesen Spielern, die einfach nicht aufhören konnten und die Einsätze jedes Mal erhöhen mussten, bis das so lang missbrauchte Glück ihnen irgendwann ins Gesicht lachte. Er hatte sich verzockt. Er war nun Anfang vierzig, emotional ausgebrannt und konnte bereits spüren, wie die Zeit genüsslich an seinem verbliebenen Häufchen Restjugend kaute.
Einsam zu sterben war eine ziemlich miese Sache und wurde nur davon getoppt, einsam zu leben. Um das zu wissen, musste man nicht studiert haben.
Und wo er gerade bei diesem Thema war: Andere Menschen in seinem Forschungsgebiet hatten in seinem Alter schon ein halbes Dutzend Bücher geschrieben, den ein oder anderen Preis kassiert und wurden in Fachzeitschriften und manchmal sogar in den Massenmedien rauf und runter zitiert, während seine größte Leistung darin bestanden hatte, mit ein paar Leuten umher zu ziehen und Monster zu jagen, die nach wie vor diese Welt bevölkerten und die Menschen terrorisierten.
Er hatte sich damals tatsächlich eingebildet, die Welt retten zu können und doch lebte er mittlerweile in einer monsterverseuchten Diktatur. Nicht einmal das hatte er verhindern können. Er hätte wenigstens in eines der Nachbarländer fliehen und dort weiterforschen oder das Regime von dort aus bekämpfen können, aber solange das noch einigermaßen möglich gewesen war, war er zu feige gewesen und jetzt – wo Eden die gesamte Grenze abgeriegelt hatte und sie mit Madensoldaten bewachen ließ – war es zu spät.
Und so saß er hier an seinem unaufgeräumten Schreibtisch, an dem er seit Wochen nichts zu Papier gebracht oder in seinen Laptop geschrieben hatte und inmitten einer seit langem nicht geputzten Bude, in der überall getragene Klamotten rumlagen und in der es durchdringend nach Schweiß und alten Essensresten roch. Letztere Gerüche stammten noch aus der Zeit, als er normale Nahrung zu sich genommen hatte. Damit angefangen zu haben, MannaRed zu konsumieren, war vielleicht einer von Jonathans größten Tiefpunkten gewesen. Immerhin wusste er ja inzwischen nur zu genau, wie es hergestellt wurde.
Er hatte sich auch lange geweigert sich das Teufelszeug zu holen, aber als seine Ersparnisse immer weiter schwanden und sie die Preise für die Dosen auf gerade einmal 15 Cent gesenkt hatten, hatte er nicht länger widerstehen können. Immerhin wurden die Menschen ja so oder so getötet und gequält, was machte es schon für einen Unterschied, ob er das unterstützte oder nicht? Zumindest hatte er sich genau das eingeredet, als er zum ersten Mal eine von den durchsichtigen Dosen in die Hand genommen und sich die duftende rote Flüssigkeit einverleibt hatte. Heute wusste er, dass das eine Lüge gewesen war.
Dass jeder, der den Mumm hatte, sich diesem Zeug zu verweigern, einen Unterschied machte. Auch hier hatte er seine Chance vertan. Zumindest hatte ihn MannaRed vom Alkohol befreit, den er Anfangs noch in Massen konsumiert hatte. Es war nicht so, dass einem der Drink irgendeinen Rausch gab, wenn man von dem unheimlich guten Geschmack einmal absah. Aber er trieb einem dennoch die Lust an Alkohol aus, genauso wie an allem anderen, was man trinken oder essen konnte. Alles, was man noch wollte, war die nächste Dose MannaRed.
Das Problem dabei war nur, dass das MannaRed nicht so günstig bleiben würde. Früher oder später, das wusste er, würden sie die Preise erhöhen. Das hatten sie schon in einigen Städten gemacht und es gab keinen Grund, warum es hier anders sein sollte. Jonathan hatte Angst davor, was er dann alles tun würde, um an eine weitere Dose zu kommen. Arbeitslosengeld oder andere Formen der Absicherung gab es nicht mehr und Bettlern etwas zu geben wurde inzwischen mit dem Tode bestraft. Selbst finanzielle Hilfe unter Freunden und Familien wurden auf die gleiche Weise sanktioniert, auch wenn die Regierung hier nicht immer auch zur Tat schritt. Aber die Bedrohung blieb und trug dazu be,i das Klima weiter zu vergiften und die Menschen auseinanderzutreiben.
Nicht, dass Jonathan noch irgendwelche Freunde oder Familienmitglieder gehabt hätte. Seine Mutter war schon kurz nach ihrem gemeinsamen „Triumph“ über Devon gestorben, ohne dass er sie noch einmal hatte besuchen können. Sein alter Freund Arnold Wingert war längst nicht mehr er selbst und befand sich noch dazu im Knochenwald. Die Leute, mit denen er gegen Devon gekämpft hatte – Jonathan wusste nicht mal wirklich, ob er sie als Freunde bezeichnen konnte – hatten sich entweder nicht mehr bei ihm gemeldet oder er hatte ihre zaghaften Versuche zur Kontaktaufnahme selbst abgeblockt. Und zu guter Letzt waren seine Kollegen von der Fakultät entweder tot, geflohen oder hatten sich offen in den Dienst der neuen Machthaber gestellt. Auch wenn die CfD wenig für Bildung übrig hatte, für Biologen hatte sie durchaus Verwendung.
Und so saß er allein Tag und Nacht am Schreibtisch und grübelte oder wälzte sich in unruhigen Träumen. Anfangs hatte er noch versucht, so etwas wie seine Memoiren zu schreiben oder ein wenig im Internet zu surfen. Aber als ihm bewusst geworden war, dass all die noch unter demokratischen Regierungen verabschiedeten und angeblich durch strenge gesetzliche Rahmenbedingungen vor Missbrauch geschützten Überwachungsinfrastrukturen wie Staatstrojaner, Uploadfilter, Vorratsdatenspeicherung und dergleichen jetzt in den Händen von Leuten wie Thomas Eden lagen, hatte er schließlich damit aufgehört.
Zum einen würde jeder Klick und jeder Tastenanschlag überwacht werden können und zum anderen würde das Netz wahrscheinlich ohnehin keine zuverlässige Informationsquelle mehr sein, da jeder allzu regierungskritische Beitrag von vorneherein geblockt wurde.
Das also war aus Dr. Jonathan How geworden: ein unrasierter, stinkender, MannaRed-süchtiger, desillusionierter Beutel Selbstmitleid. Gut gewürzt mit Angst, Einsamkeit und Depression. Und genau das wäre er wohl auch geblieben, wenn es nicht in diesem Moment an der Tür geklopft hätte.
Jonathan schreckte hoch. Erst dachte er, dass er sich das Geräusch nur eingebildet hätte und dass er einfach nur wieder einen dieser wirren, trüben Träume hatte, die vor allem in Nächten durch seinen Kopf spukten, in denen er besonders viel MannaRed getrunken hatte. Aber dann klopfte es erneut und Jonathan erkannte, dass es kein Traum war. Leider.
Wer konnte das nur sein? Die CfD-Polizei? Die Madensoldaten? Nein, letztere hätten einfach die Tür eingetreten. Also doch die Polizei? Eigentlich hatte er nichts Verbotenes getan, aber wer wusste das schon bei all den Irrsinnsgesetzen, die nun fast täglich erlassen wurden. Vielleicht war Selbstmitleid inzwischen eine schwere Straftat. Dann wäre er ganz sicher am Arsch.
Es klopfte ein drittes Mal. Wie sollte er reagieren? Wenn es die CfD war, konnte das nichts Gutes bedeuten. Sollte er einfach so tun, als wäre er nicht da? Sich vielleicht irgendwo verstecken?
„Ich weiß genau, dass sie da drin sind, sie elender Eierkopf. Und wenn ich mir ihretwegen meine zarten Handgelenke durch dieses stumpfsinnige Geklopfe ruiniere, können Sie was erleben. Sie machen jetzt augenblicklich diese verfluchte Tür auf!“, erklang eine befehlsgewohnte und Jonathan sehr gut bekannte Männerstimme.
„Gera?“, antwortete Jonathan unsicher. Er hatte seine eigene Stimme seit Tagen nicht mehr gebraucht und sie klang entsprechend kratzig und unkontrolliert.
„Ja, gottverdammt! Wen erwarten Sie sonst? Eine Gruppe Stripper, den Pizzaboten oder den verlausten Weihnachtsmann?“, antwortete Gera.
Noch immer erhob sich Jonathan nicht. „Machen sie endlich die Tür auf!“, wiederholte Gera nun spürbar zorniger, „ich habe Damenbesuch dabei und selbst ich weiß, dass es unhöflich ist, eine edle Dame einfach vor der Tür warten zu lassen. Ich denke, dasselbe, gilt aber auch für Kreaturen wie Bianca.“
„Au!“, schrie Gera plötzlich und Jonathan musste gegen seinen Willen lächeln, da er sich natürlich zusammenreimen konnte, wie Bianca dem ungehobelten Polizisten ihren Ellenbogen in die Seite gerammt hatte oder etwas in der Art. Mit steifen Gelenken erhob er sich und taumelte auf die Tür zu. Es kam ihm beinah vor, als müsste er das Gehen von neuem lernen. Wie bei einem Kleinkind. Nur, dass Kleinkinder noch Hoffnung besaßen.
Einmal wäre er auf seinem kurzen Weg beinah über einen schmutzigen Wäscheberg gestolpert, ein anderes Mal fast über einen Haufen leerer MannaRed-Flaschen, aber beides Mal fing er sich noch. Schweren Herzens öffnete Jonathan die Tür und blickte tatsächlich in die Gesichter von Christopher Gera und Bianca, deren Nachnamen er noch immer nicht kannte.
Gera trug zwar diesmal keine vollgepisste Hose, aber dafür einen nassen, schmutzigen, dunkelbraunen Trenchcoat und das gleiche zynische Lächeln, das er immer dann zur Schau stellte, wenn er gerade mal nicht wütend war. Natürlich kaute er wieder auf seinen bescheuerten Zitronenbonbons herum. Soweit so bekannt. Aber das galt nicht für alles an ihm. Jonathan musste wieder an ihre erste Begegnung denken und glich seine Erinnerungen mit dem ab, was er nun vor sich sah.
Gera wirkte heute ruhiger, reifer und irgendwie … sympathischer? Nein, das musste er sich einbilden. Das hier war immerhin Christopher Gera.
Jedenfalls war auch Bianca nicht mehr dieselbe. An ihrem leichten Übergewicht hatte sich nichts geändert, aber in ihr schon immer etwas skeptisches und nachdenkliches Gesicht hatten sich tiefe Enttäuschung, unterdrückter Zorn gegraben. Sowie die ersten Spuren von jener Art von Zynismus und Desillusionierung, die einen Menschen früher oder später zerstören konnten. Ihre Kleidung erklärte auch, woher dieser Eindruck kam: Sie trug ein mit Knochen besticktes Samtkleid. Jonathan wusste, was das bedeutete. Nicht nur ein halber Knochenzombie, sondern auch eine Knochenhure. Anscheinend war er nicht der einzige, dem das Schicksal in letzter Zeit übel mitgespielt hatte. Aus irgendeinem Grund tat es Jonathan sehr weh, sie so zu sehen.
„Boah, stinkt das hier!“, sagte Gera sofort, als ihm die abgestandene Luft aus Jonathans Wohnung in die Nase wehte, „das ist die Mutter aller Junggesellenbuden.“
„Ich dachte, Sie sind Schlimmeres gewöhnt. Gruften und so.“ bemerkte Bianca spitz.
„Gruftwitze von einem Grufti, ernsthaft?“ erwiderte Gera.
Bianca lachte rau, „Die Hackordnung der Subkulturen. Auch, wenn sie es nicht glauben, Nekrophile stehen in der gesellschaftlichen Akzeptanz sogar noch unter Gruftis. Also darf ich das auch.“
Gera sagte nichts darauf, sondern blickte Jonathan tief in die Augen und bildete sich anscheinend sofort ein Urteil. „Unrasiert, stinkend, hängende Schultern, müder Blick mit gierigem Funkeln, verfilzte Haare. Sie sind jetzt Alkoholiker, stimmt’s?“, stellte er nüchtern fest.
Jonathan wollte ihm darauf antworten, aber Bianca kam ihm zuvor. „Nein …“, sagte sie, während sie auf den Flaschenberg hinter Jonathan deutete, „es ist viel schlimmer.“
~o~
Fünf Minuten später saßen sie auf drei Klappstühlen, die Jonathan irgendwie aus dem Berg an Müll und alten Klamotten ausgegraben hatte.
„Wie konnten sie nur zu diesem Zeug greifen?“, fragte Bianca anklagend, „wie konnten Sie es trinken, wo Sie doch wissen, woraus es gemacht wird.“
Jonathan blickte sie aus matten Augen an. „Weil es billig ist“, sagte er, ohne seine eigene Argumentation für glaubwürdig zu halten. „Ich habe keinen verdammten Job und kaum noch Ersparnisse. Ich musste mich irgendwie über Wasser halten. Gerade Sie sollten das verstehen.“
Nun wurde Bianca wütend. „Ach, sollte ich das?“, röchelte sie heiser, „ich mag ein halbes Monster sein und verkaufe vielleicht meinen Körper an ekelhafte Idioten, aber ich saufe kein verfluchtes, raffiniertes Menschenblut.“
„Ich bin nicht stolz drauf,“ sagte Jonathan beschämt, „aber was sollte ich denn machen? Ich war ganz auf mich allein gestellt. Jeder hatte mich vergessen, sogar Sie.“
„Ich habe Ihnen mehrfach geschrieben und Sie angerufen“, wandte Gera ein, „Sie haben nie darauf reagiert.“
„Es ging mir nicht gut“, erwiderte Jonathan verteidigend.
„Und ich hatte alle Hände voll damit zu tun zu überleben und mich an mein neues Leben als Hure zu gewöhnen“, sagte Bianca. „Da hatte ich nicht so die Zeit, mich um mein Sozialleben zu kümmern.“
Darauf fiel Jonathan nichts mehr ein. Betreten sah er zu Boden und verstummte. „Ich bin ein elendes Stück Scheiße“, sagte er nach einigen Momenten Stille.
„Jetzt hören Sie schon mit dem verdammten Selbstmitleid auf“, polterte Gera, griff Jonathan in seine lang gewordenen Haare und zog seinen Kopf gewaltsam nach oben.
„Sie sind ein zwar manchmal nerviger, aber ganz bestimmt nicht dummer Mann, der gerade keinen guten Lauf hat, ein paar dämliche Entscheidungen getroffen hat und in einer Welt lebt, bei der die Scheiße-Skala auf Stufe Elf von Zehn hochgedreht wurde. Mehr nicht. Wenn man in so einer Situation ist und sie nicht erträgt, hat man genau zwei vernünftige Optionen. Option eins: Man macht dem ganzen ein Ende. Option zwei: Man kämpft dafür, dass es besser wird. Alles Rumgemecker und Rumgeflenne is‘ für’n Arsch und bringt Sie nicht weiter. Entscheiden Sie sich also.“
Gera ließ Jonathans Kopf los, zog seine Waffe und hob sie demonstrativ. „Ich bin Option eins“, sagte er streng.
Er zeigte auf Bianca. „Sie ist Option zwei. Wenn Sie es wollen, knipse ich Ihnen ohne mit der Wimper zu zucken das Licht aus und befreie Sie auf einen Schlag von allen Sorgen. Oder sie schließen sich Fräulein Wuchtbrumme an und machen einen auf Weltverbesser, was zwar nicht wirklich mein Ding ist, aber immer noch hundertmal mehr Eier beweist, als Ihre erbärmliche Mitleidstour.“
„Wofür haben Sie sich denn entschieden?“, fragte Jonathan zurück, während Bianca Gera einen weiteren wütenden Blick zuwarf.
Gera lachte trocken. „Ich muss mich nicht entscheiden. Ich bin in keiner Krise. Diese Welt ist ein Misthaufen, ja. Aber es gibt Geld, tote Frauen und gelegentlich ’nen starken Kaffee. Außerdem macht es mir Spaß, ab und zu einem von diesen CfD-Wichsern einen Knüppel zwischen die Beine zu werfen, aber deshalb muss ich mich noch lang nicht direkt in die Schusslinie stellen. So verrückt bin selbst ich nicht.“
Dann wurde Gera wieder ernst und richtete seine Pistole direkt auf Jonathans halb gesenkten Kopf. „Was soll es nun sein, Doktorchen? Option eins oder zwei? Leben oder Tod? Wir gehen erst wieder, wenn Sie sich entschieden haben. So oder so.“
Jonathan dachte nach, versuchte sein Inneres zu erforschen, seinen wirklichen Kern, nicht etwa diese giftige Spirale aus Gedankenmüll und Selbstvorwürfen, in der er sich die letzten Monate gewälzt hatte.
Von draußen, durch das geschlossene Fenster drangen Schreie und Polizeisirenen. Auch ein Schuss fiel. Ein Laut, bei dem er in früheren, besseren Zeiten sicher zuerst an einen Feuerwerkskörper gedacht hätte.
Während er in sich ging, legte Jonathan seinen Kopf in seine Hände. Er spürte ihre Wärme, roch aber auch den leichten Gestank von ungewaschener Haut. Wie eine ins All geschossene Sonde, schwebte er durch die Dunkelheit seiner Gedanken und wartete auf eine Antwort. Und letztendlich kam sie.
Entschlossen, wie schon lange nicht mehr hob er den Kopf und sah nicht etwa Gera, sondern Bianca fest in die Augen. „Erzählen Sie schon, was ist Ihr Plan?“
„Na geht doch, Doktor!“, rief Gera und klopfte Jonathan hart auf die Schulter.
Jonathan ignorierte ihn. Er war ganz auf Bianca fixiert. Irgendwie war ihm noch nie aufgefallen, was für ein Charisma sie eigentlich hatte und wie geheimnisvoll sie wirkte. Das konnte natürlich zum Teil an ihrem Status als halbem Knochenzombie liegen, aber sicher nicht nur.
„Also gut, Jonathan“, sagte Bianca verhalten lächelnd, „Sie haben doch sicher auch schon von den Geistermenschen gehört, oder?“
Jonathan nickte. „Ja, habe ich. Diese Widerstandsgruppe, von der Edens Reporter-Marionetten immer so berichten, als wären sie leibhaftige Dämonen. Allerdings bin ich hier nicht auf dem neuesten Stand. Einen Fernseher habe ich nicht und es ist schon eine gefühlte Ewigkeit her, dass ich mich getraut habe meinen Laptop zu benutzen. Die CfD überwacht alles. Das letzte, was ich gehört habe, war allerdings, dass es Eden noch immer nicht gelungen ist, sie aufzuspüren. Niemand weiß, wo sie sind.“
„Das stimmt nicht ganz“, sagte Bianca lächelnd und deutete auf Gera. „Dieser nekrophile Bastard hier weiß es.“
Gera grinste breit.
„Er weiß, wo die meistgesuchte Rebellengruppe im ganzen Land sich versteckt hält?“, fragte Jonathan verblüfft.
Gera nickte und warf sich noch ein Bonbon ein.
„Exakt,“ sagte Bianca, „und ich weiß es jetzt auch. Und nun will ich, dass Sie, ich und alle, die wir von unseren alten Weggefährten noch davon überzeugen können, uns ihnen anschließen und diesen Bastard Eden stoppen, bevor er unser Land unwiderruflich ruiniert hat.“
„Das ist Ihr ganzer Plan?“, fragte Jonathan und runzelte die Stirn.
„Ja, das ist mein ganzer Plan. Zumindest im Moment“, bestätigte Bianca, „ich bin keine Meisterstrategin, nur eine Knochenhure, die endlich wieder mehr sein möchte als das. Die Frage ist nur: Sind Sie dabei?“
„Ja, ich bin dabei!“, sagte Jonathan und warf dann einen prüfenden Blick durch seine Wohnung. „Aber zuerst … räume ich hier auf“, fügte er hinzu und lachte dabei zum ersten Mal seit gefühlten Jahrtausenden befreit und herzhaft.